Kunst ist etwas besonderes
  Leonardo da Vinci
 

leoˈnardo daˈvintʃi] (* 15. April 1452 in Anchiano bei Vinci; † 2. Mai 1519 auf Schloss Clos Lucé, Amboise) war Maler, Bildhauer, Architekt, Musiker, Anatom, Mechaniker, Ingenieur, Naturphilosoph und Erfinder in der Renaissance; er wird als das italienische Universalgenie bezeichnet. Sein Geburtsort Vinci war ein Kastell oder befestigtes Hügeldorf im Florentiner Territorium (ca. 30 km westlich von Florenz) nahe Empoli, von dem die Familie seines Vaters ihren Namen ableitete.

Herkunft, Lehre und Studien

Herkunft

Leonardos Eltern waren der 25-jährige Notar Ser Piero Da Vinci und nach neuestem Forschungsstand mit hoher Wahrscheinlichkeit die getaufte, damals 22-jährige, arabische Sklavin Caterina, die bei Ser Piero vorübergehend als Magd arbeitete.[1] Die Mutter heiratete wenig später den Töpfereibesitzer Accattabriga di Piero del Vacca aus Vinci und bekam fünf weitere Kinder. Der Vater Ser Piero war seinerseits viermal verheiratet und hatte von seinen beiden letzten Frauen neun Söhne und zwei Töchter. Nach der Trennung von Caterina nahm er Leonardo als leiblichen Sohn an. Als erfolgreichem Notar gehörten zu seinen Klienten die Medici wie auch Mitglieder der regierenden Signoria, des Rats des Stadtstaates.

Leonardo verbrachte den größten Teil seiner Jugend in Florenz. Schon früh interessierte er sich für Musik, Zeichnen und Modellieren. Sein Vater zeigte einige seiner Zeichnungen Andrea del Verrocchio, der die künstlerische Begabung des Jungen erkannte und ihn in seine Werkstatt aufnahm.

Lehrjahre bei Verrocchio

Taufe Christi, von Verrocchio und Leonardo, um 1475

Taufe Christi, von Verrocchio und Leonardo, um 1475

Verrocchio war einer der bedeutendsten Bildhauer im damaligen Florenz, außerdem als Goldschmied und Maler tätig. In seinem Atelier lernte und arbeitete Leonardo etwa von 1470 bis 1477, unter anderem in Gesellschaft von Lorenzo di Credi und anderer Schüler, die weniger berühmt geworden sind. In dieser Zeit freundete er sich mit den Malern Sandro Botticelli und Pietro Perugino an.

Leonardo hatte seine Lehrzeit 1472 abgeschlossen, arbeitete aber weiter in Verrocchios Werkstatt. Er soll − so berichtet u. a. Vasari, ein Pionier unter den Kunstchronisten und Zeitgenosse Leonardos – auf dem Bild einer Taufe Christi, das Verrocchio für die Mönche von Vallombrosa entwarf (heute in den Uffizien in Florenz zu sehen), den auf der linken Seite knienden Engel in das Bild seines Lehrers eingefügt haben. Das ursprünglich in Tempera gemalte Bild der Taufe Christi wurde später z. T. in Öl übermalt (evtl. von Leonardo), so dass ein fundiertes Urteil über die Urheberanteile an ihm schwierig ist. Leonardos Beitrag wird nicht nur im Gesicht des Engels, sondern auch in Teilen der Bekleidung und des landschaftlichen Hintergrunds vermutet, die sehr charakteristisch und in den ihm zugeschriebenen Werken wiederzuerkennen sind. Im linken Teil des Landschaftshintergrundes ist bereits Leonardos Sfumato-Technik zu erkennen. Das Bild wird um 1475 datiert.

Seit 1472 findet sich Leonardos Name in den Listen der St.-Lukas-Gilde, der Malergilde von Florenz. Hier lebte und arbeitete er weitere zehn oder elf Jahre und wird bis 1477 immer noch als Schüler oder Lehrling Verrocchios bezeichnet. 1476 wurde er von einer Anklage der Sodomie freigesprochen; es war ihm vorgeworfen worden, sich an dem 17-jährigen Jacopo Saltarelli vergangen zu haben, was jedoch nicht eindeutig geklärt werden konnte.

1477 scheint er die besondere Gunst Lorenzo de Medicis gefunden und als freier Künstler unter dessen Patronage von 1482 bis 1483 gearbeitet zu haben. Für 1478 ist ein wichtiger Auftrag des Stadtstaates und 1480 ein anderer durch die Mönche von San Donato in Scopeto dokumentiert.

Leonardo als Schüler der Natur

Im Gegensatz zum später geborenen Michelangelo wurde Leonardo als offen und freundlich geschildert. Er hatte jedoch einen Hang zur Einsamkeit und wurde beschrieben mit den Worten: „Wenn du allein bist, wirst du dir ganz gehören.“ (Codex Ashburnham I 27 v.) Er versuchte nicht – wie andere Renaissancekünstler – die Pracht der antiken Kunst durch die Imitation ihrer Modelle wiederzubeleben. Nach seiner eigenen Auffassung war er lediglich Schüler der Natur. Nicht das Gewöhnliche und Offenkundige, sondern vor allem die fantastischen und ungewöhnlichen Erscheinungen der Welt zogen ihn besonders an. Merkwürdige Formen von Hügeln und Felsen, seltene Pflanzen und Tiere, ungewöhnliche Gesichter und Figuren von Menschen waren die Dinge, die er in seiner Malerei und in seinen Naturstudien aufgriff. Aber auch bei der Erforschung des menschlichen Körpers durch Sektionen Verstorbener machte er bahnbrechende Entdeckungen, die er zeichnerisch sehr genau festhielt.

Indizien für die Vorlieben des jungen Künstlers findet man in den Legenden über verlorene Werke aus seiner Jugend. Einer dieser Berichte weiß von einem monochromen Gemälde Adams und Evas in Tempera: Er lobt neben der Schönheit der Figuren die unendliche Wahrhaftigkeit und Ausschmückung der Blätter und Tiere im Hintergrund in Begriffen, die an die Behandlung des Themas durch Albrecht Dürer in seinem dreißig Jahre später gefertigten berühmten Stich erinnern. Mit gleichen Untersuchungen und nicht geringerer Wirkung malte er angeblich bei einer anderen Gelegenheit den Kopf einer Medusa mit Schlangenhaar. Schließlich wird von Leonardo berichtet, dass er sich zu jener Zeit mit Bildhauerei beschäftigte, indem er mehrere Köpfe von lächelnden Kindern und Frauen modellierte.

Die früheste datierte Zeichnung ist die Arnolandschaft vom 5. August 1473 (heute in den Uffizien Florenz). Er malte um 1478 – 1480 ein Porträt Ginevra de' Bencis, einer Tochter von Amerigo de' Benci, der Leonardos Leidenschaft für kosmografische Studien teilte (Washington, National Gallery). Leonardo beschäftigte sich allerdings mehr mit Projekten der Mechanik, Hydraulik, Architektur, Militärtechnik und des Bauwesens und betrieb experimentelle Studien und Beobachtungen in jedem Zweig der theoretischen oder angewandten Wissenschaft.

Ludovico Sforza von Francesco Napoletano, um 1494, Ausschnitt aus dem Sforza-Altar. Mailand, Pinacoteka di Brera

Ludovico Sforza von Francesco Napoletano, um 1494, Ausschnitt aus dem Sforza-Altar. Mailand, Pinacoteka di Brera

Seine weitreichenden Pläne und Studien brachten ihm keinen unmittelbaren Gewinn. Trotz seines Talents, seiner glänzenden Fähigkeiten und seiner genialen Leistungen blieb er arm. Autorität schätzte er gering. Daher schloss er sich nicht vollständig dem mächtigen Medici-Zirkel an, der in der Kunst die klassische Vergangenheit, verbunden mit dem Christentum, als Hauptströmung durchsetzte. Als sich ihm in Mailand die Chance einer festen Anstellung am Hof von Ludovico Sforza (genannt il Moro) bot, verließ er Florenz.

Bald nachdem der Fürst seine Macht als nomineller Protektor seines Neffen Gian Galeazzo Sforza – tatsächlich aber als Usurpator des Staates – fest etabliert hatte, griff er ein Projekt zur Errichtung eines Reitermonumentes zu Ehren des Gründers des Herrscherhauses Francesco I. Sforza wieder auf und fragte Lorenzo di Medici um Rat bei der Wahl eines Künstlers. Lorenzo empfahl den jungen Leonardo, der sich daraufhin um 1482 nach Mailand begab.

Wegen der bevorstehenden Kämpfe zwischen Mailand und Venedig hat Leonardo in seinem Empfehlungsschreiben an den Herzog ausführlich und detailliert seine Fähigkeiten und Erfindungen in der Militärtechnik erwähnt. Erst am Schluss des Briefes betonte er sein Können als Bauingenieur und Architekt und fügte schließlich einen kurzen Hinweis auf seine Kenntnisse als Maler und Bildhauer hinzu, die die Grundlage zu einer angemessenen Ausführung des Monuments für Francesco Sforza bilden könnten.

Frühe Mailänder Jahre

Der erste eindeutige Beweis für Leonardos Beschäftigung in Mailand stammt aus dem Jahre 1487.

Ludovico wurde während der frühen Jahre seiner Usurpation heftig angegriffen, insbesondere von den Anhängern seiner Schwägerin Bona von Savoyen, der Mutter des rechtmäßigen Herzogs, des jungen Gian Galeazzo. Um diesen Attacken entgegenzutreten, beschäftigte er eine Reihe von Hofdichtern und Künstlern, die in öffentlichen Vorträgen und Schauspielen, in Sinnbildern und mit Spruchbändern die Weisheit und Güte seiner Vormundschaft und die Bosheit seiner Gegner verkündeten. Dass Leonardo zu diesen Claqueuren gehörte, ist durch Notizen und Projekte in seinen Manuskripten und durch überlieferte allegorische Skizzen bewiesen. Mehrere solcher Skizzen befinden sich in der Christ Church, Oxford: Eine zeigt eine gehörnte Hexe oder Teufelin, die ihre Hunde zu einem Angriff auf den Staat Mailand treibt und durch die Weisheit und Gerechtigkeit von Il Moro verwirrt wird (alles durch leicht erkennbare Embleme verdeutlicht). Die Anspielung weist fast sicher auf die versuchte Ermordung Ludovicos durch Agenten der Herzogin Bona 1484 hin.

In Mailand war Leonardo durch die Verbindung von beispielloser technischer Begabung und einer starken kreativen Erfindungsgabe, durch seine Redegewandtheit und seinen gewinnenden höfischen Charme zum führenden Geist in allen Hofzeremonien und Festivitäten geworden. Anlässlich der Hochzeit des jungen Herzogs Gian Galeazzo mit Isabella von Aragon 1487 war der Künstler für die Bühnenbilder und Kostüme der Masque Il paradiso verantwortlich. Gleich darauf entwarf er für die junge Herzogin einen Badepavillon von ungewöhnlicher Raffinesse und Schönheit. Parallel dazu machte er Aufzeichnungen über die Ergebnisse seiner Studien in Geometrie, Statik und Dynamik, menschlicher Anatomie sowie der Phänomene von Licht und Schatten.

Er hat sich außerdem eingehend mit dem Entwurf des Sforza-Monuments auseinandergesetzt und in großem Maßstab begleitende Forschungen betrieben über die Bewegung und die Anatomie von Pferden und über die Kunst bzw. Wissenschaft der Bronzebearbeitung. Die vielen existierenden Entwürfe für diese Arbeit, deren Hauptsammlung sich in Schloss Windsor befindet, können nicht exakt datiert werden. Zur Windsor-Sammlung gehören auch vielfältige anatomische Studien und Zeichnungen von Pflanzen sowie Karikaturen.

Nach sieben Jahren bereitete er 1490 auf Drängen seines Auftraggebers sein Modell anlässlich der Heirat Ludovicos mit Beatrice d’Este zur Vorführung vor. Im letzten Moment war er jedoch mit seiner Arbeit nicht zufrieden und begann noch einmal von vorn.

Der vitruvianische Mensch, Proportionsstudie nach Vitruv 1492

Der vitruvianische Mensch, Proportionsstudie nach Vitruv 1492

Im selben Jahr verbrachte Leonardo ungestört einige Monate mit mathematischen und physikalischen Forschungen in den Bibliotheken und unter den Gelehrten von Pavia. Hierhin war er als Berater hinsichtlich einiger architektonischer Schwierigkeiten beim Bau der Kathedrale berufen worden. In Pavia erhielt er durch das Studium eines antiken Reitermonuments (des sogenannten Regisole, der 1796 zerstört wurde) neue Anregungen für seinen Francesco Sforza. Im Januar 1491 wurden bei einer doppelten Sforza-Este-Heirat (Ludovico Sforza mit Beatrice d’Este und Alfonso d’Este mit Anna Sforza, der Schwester von Gian Galeazzo) erneut Leonardos Dienste als Masque- und Festorganisator in Anspruch genommen.

Aus dem Jahr 1492 stammt die Studie über ästhetische bzw. natürliche Körperproportionen nach Vitruv. In den folgenden Jahren verschafften ihm die zunehmenden Festivitäten und der Prunk des Mailänder Hofes fortwährend Aufträge ähnlicher Art, darunter die Komposition und Rezitation von Sagen, Fabeln und Prophezeiungen (d.h. moralischen und sozialen, im Futurum formulierten Satiren und Allegorien). In seinen Manuskripten finden sich die Entwürfe für viele davon. Einige sind sowohl scharfsinnig als auch beißend. Inzwischen arbeitete er wieder am Monument für Francesco Sforza, dieses Mal mit handfestem Ergebnis. Als Abgesandte aus Österreich gegen Ende 1493 nach Mailand kamen, um die Verlobte ihres Kaisers Maximilian, Bianca Maria Sforza, auf der Hochzeitsreise zu eskortieren, befand sich das vollendete kolossale, über sieben Meter hohe Denkmal an seinem Platz im Hof des Castello.

Madonna in der Felsengrotte

Detail Madonna in der Felsengrotte, 2. Fassung, um 1493-1495 und 1506-1508. London, National Gallery

Detail Madonna in der Felsengrotte, 2. Fassung, um 1493-1495 und 1506-1508. London, National Gallery

1494 starb der lange von seinem Anspruch auf die Nachfolge des Herzogs verdrängte Gian Galeazzo unter höchst verdächtigen Umständen. Ludovico, jetzt selbst Herzog von Mailand, begann seine Intrigen gegen Karl VIII. von Frankreich, was später zu Invasionen und Revolutionen in Italien führte.

Dieses Jahr war auch für Leonardo da Vinci von besonderer Wichtigkeit. Dokumenten zufolge plante er während einer mehrmonatigen Abwesenheit aus Mailand Ingenieurarbeiten zur Verbesserung der Bewässerung und der Wasserwege in der Lomellina-Region und anderen Teilen der lombardischen Ebene. Er studierte Phänomene des Sturms und des Gewitters, des Flussverhaltens und der Bergstruktur und entwarf mit seinem Freund, dem Architekten Donato Bramante, Pläne zur erneuten Verbesserung und Ausschmückung des Castello in Mailand.

Zwischen 1483 und 1486 entstand die erste Fassung der Madonna in der Felsengrotte, die er für die Bruderschaft der unbefleckten Empfängnis in der Kirche San Francesco in Mailand ausgeführt hatte. Diese Fassung wurde nie übergeben, da die Szene entgegen den Wünschen der Bruderschaft in einer kalten, leblosen Höhle dargestellt ist und Jesus und Johannes der Täufer ohne Gold und Heiligenscheine gezeigt werden, was nicht dem Katholischen Dogma entsprach. 1499 gelangte dieses Gemälde nach Frankreich, heute ist es im Louvre ausgestellt. Die zweite modifizierte Fassung – von der Bruderschaft akzeptiert – wurde zwischen 1493 und 1508 gemalt, von Leonardo begonnen und fortgeführt von seinem Schüler Ambrogio de Predis. Sie befindet sich heute in der National Gallery in London.

Laut Vasari besuchte Leonardo 1494 oder Anfang 1495 Florenz. Dort nahm er an Beratungen über den geplanten neuen Ratssaal teil, der im Palast der Signoria gebaut werden sollte. Er schuf zwischen 1495 und 1498 außergewöhnlich schnell sein berühmtes Bild Das letzte Abendmahl für das Refektorium der Konventskirche von Santa Maria delle Grazie in Mailand, das von Ludovico Sforza in Auftrag gegeben worden war.

Cenacolo (Abendmahl)

   Das letzte Abendmahl (Secco)entstanden zwischen 1495 und 1498

   Das letzte Abendmahl (Secco)
entstanden zwischen 1495 und 1498

Das Bild Das letzte Abendmahl, ein Wandgemälde mit einer Größe von 8,8 m x 4,6 m im Refektorium des Klosters Santa Maria delle Grazie in Mailand, entstanden in den Jahren 1494 bis 1498, ist auch bekannt als das weltberühmte Cenacolo von Leonardo. Es ist Gegenstand vieler Legenden, z.B. wird eine recht freie Interpretation im Rahmen des Films The Da Vinci Code – Sakrileg angeboten.

Es war im Rahmen von Erhaltungsmaßnahmen Subjekt mehrerer fehlgeleiteter Experimente. Nachdem es, auch wegen technischer Unzulänglichkeiten des Originals, über die Jahrhunderte schwere Beschädigungen durch Vandalismus, Nachlässigkeit, schlechte Umweltbedingungen und insbesondere durch ungeschickte Reparaturen davongetragen hatte, sind seine Überreste schließlich 1904-1908 auf wissenschaftlicher Grundlage konserviert worden.

Zur selben Zeit wurde die Entstehungsgeschichte des Bildes erforscht. Es war in nur vier Jahren geschaffen worden, trotz Nebentätigkeiten und Pausen, in denen er sein Werk selbstkritisch überprüfte. Dafür gibt es direkte Zeugnisse seiner Zeitgenossen.

Leonardo malte das Bild in Tempera auf der Wand – nicht in Öl, wie eine Legende behauptete, die innerhalb von zwanzig Jahren nach der Fertigstellung entstand. Die Tempera-Trägersubstanz hielt nicht lange auf dem Gipsuntergrund und dieser auch nicht auf der Wand. Es kam zu Abblätterungen und Schuppenbildung. Harte Schimmelkrusten formten sich aus, die sich zwar wieder auflösten, aber je nach Wetterlage sowohl auf den festen als auch den lockeren Teilen wiederholt auftraten.

Dieser Prozess dauerte jahrzehntelang. Ein Regen aus winzigen Schuppen löste sich laut einem Augenzeugen ständig von der Oberfläche und schien das Bild gänzlich zugrunde zu richten. Die ersten Restaurationsversuche im 18. Jahrhundert gründeten auf der falschen Annahme, das Werk sei in Öl ausgeführt worden. So hat man es einmal mit Öl überstrichen, in der Hoffnung, dadurch die Farben wiederherstellen zu können.

Andere versuchten es mit unterschiedlichen „Geheimmitteln“, meistens schädlichen Lacken und Klebstoffen. Dabei wurden aber nur einige Teile der Gewänder übermalt. Die Hauptversuche einer Restauration stammen von Bellotti 1726, Mazza 1770 und Barezzi 1819 und wurden in den Jahren danach fortgeführt. Dadurch konnten die Auflösungserscheinungen jedoch nicht aufgehalten werden, sondern wurden z.T. sogar noch beschleunigt. Dennoch hinterließ das Bild, schon halb aufgelöst, immer wieder einen tiefen Eindruck.

Die weiße – heute eingedunkelte – Fläche im unteren, mittleren Teil des Werkes stammt daher, dass die Mönche einen Tunnel durch die Wand gruben und später wieder zugipsten.

Erst Mitte der 1970er Jahre konnte der weitere Verfall durch moderne Restaurationstechniken aufgehalten werden, eine weitere Restauration folgte um die Jahrtausendwende. Der Zustand des Werks wurde mittlerweile von der Firma HAL9000 mit nicht weniger als 16 Giga Pixel oder einer Pixelgröße von einem Quadratmillimeter des Originals dokumentiert und lässt sich durch Kunstliebhaber und andere Interessierte seit 2007 im Internet abrufen.

Wissenschaftliche Arbeiten

Leonardos Entwurf für das Sforza-Monument, 1489

Leonardos Entwurf für das Sforza-Monument, 1489

Nach dem Erfolg seines Werkes Das letzte Abendmahl fuhr Leonardo mit der Arbeit am Sforza-Monument fort, dessen Modell bereits drei Jahre lang im Corte Vecchio des Castello stand.

Er freundete sich mit dem Mathematiker Luca Pacioli aus Borgo San Sepolcro an. Pacioli, dessen Summa de aritmetica, geometrica etc. Leonardo bei ihrer Ersterscheinung in Pavia erworben hatte, war am Hof von Mailand ungefähr zur Zeit der Vollendung des Cenacolo angekommen. Der Mathematiker bewunderte Leonardos Malereien und Skulpturen und mehr noch seine genialen mathematischen, physikalischen und anatomischen Forschungen, die er in den Manuskriptsammlungen des Meisters kennen lernte. Beide arbeiteten an Paciolis nächstem Buch De divina proportione, (Über das göttliche Verhältnis), das dem Goldenen Schnitt entsprach. Pacioli half Leonardo bei Berechnungen und Messungen für die Bearbeitung des Bronzepferds und -reiters.

Bald beteiligte sich Pacioli auch an der Fertigstellung der Innendekoration bestimmter Kammern des Castello, des Saletta Negra und des Sala delle Asse, die bereits von anderen Künstlern begonnen worden war.

Bei Reparaturarbeiten Ende des 19. Jahrhunderts legte Paul Müller-Walde unter den neu verputzten und getünchten Raumdecken Spuren von Leonardos Handwerk frei. Damit wurde der Auftrag zu dieser Innendekoration nachgewiesen. In einer kleinen Kammer wurde ein Zierstreifen mit Cupidos, vermischt mit Blattwerk, freigelegt; dieser wurde jedoch nicht Leonardo, sondern einem späteren, nicht so begabten Dekorator der Schule zugeschrieben, die von Raffael und von Leonardo beeinflusst war.

In einem anderen Raum, dem Sala del Tesor, wurde eine gigantische kopflose Figur wiederentdeckt, aller Wahrscheinlichkeit nach Merkur, die zuerst Leonardo zugeschrieben wurde, später allerdings Bramante. Im großen Sala delle Asse wurden jedoch viele Spuren Leonardo da Vincis gefunden. Ein Großteil der Dekoration war gut erhalten und deshalb restaurierbar. Für diese und andere künstlerische Arbeiten wurde Leonardo 1498 mit einem Garten außerhalb der Porta Vercelli belohnt, zu einer Zeit, als Geld nur spärlich floss und sein Gehalt lange im Rückstand war.

Aber wiederum konnte er die Aufgabe nicht beenden. Als leitender Militäringenieur (ingegnere camerale) hatte er die Kanäle und Wasserwege des Herzogtums zu inspizieren und zu pflegen.

Florenz

Anna selbdritt, um 1506-1513, Paris, Louvre

Anna selbdritt, um 1506-1513, Paris, Louvre

Als Leonardo und Luca Pacioli Mailand im Dezember 1499 verließen, war ihr Ziel Venedig. Sie hielten sich kurz in Mantua auf, wo Leonardo von der Herzogin Isabella Gonzaga empfangen wurde, die als kultivierteste Dame ihrer Zeit galt. Er versprach, zu einem späteren Zeitpunkt ein Porträt von ihr zu malen; zunächst fertigte er eine Kreidezeichnung an, die sich heute im Louvre befindet. Nach dem Sturz des Ludovico il Moro gaben die Freunde den Plan einer Rückkehr nach Mailand auf und zogen im April 1500 nach Florenz, das gerade einen Krieg gegen Pisa führte und unter inneren Problemen litt. Hier verpflichtete sich Leonardo, ein Altarbild für die Kirche Annunziata zu malen; Filippino Lippi, der bereits den Auftrag erhalten hatte, zog sich zu seinen Gunsten zurück.

Ein Jahr verging, ohne dass der Auftrag ausgeführt wurde. Wissenschaftliche Fragen der physikalischen Geografie und des Ingenieurwesens fesselten Leonardo. Er schrieb an Briefpartner, um Erkundigungen über die Gezeiten im Euxinischen und Kaspischen Meer einzuholen. Zur Information der Mercanti berichtete er über die gegen einen drohenden Erdrutsch auf dem Hügel von San Salvatore dell'Osservanza zu ergreifenden Maßnahmen. Er legte Zeichnungen und Modelle für die Kanalisierung und die Kontrolle des Arno vor und entwickelte einen Plan zum Transport des Florentiner Baptisteriums (Dantes bel San Giovanni) in einen anderen Stadtteil, wo es auf einen großen Marmorsockel gestellt werden sollte.

Allmählich wurden die Serviten-Brüder von Annunziata ungeduldig. Im April 1501 hatte Leonardo lediglich einen Entwurf des Altarbilds auf Karton fertiggestellt, der in Florenz unter großer Beteiligung von Publikum ausgestellt wurde. Isabella Gonzaga wollte Leonardo an den Hof von Mantua holen und fragte schriftlich nach Neuigkeiten und bat um eine Malerei für ihr Arbeitszimmer oder wenigstens um eine kleine Madonna. Ihr Briefpartner erwiderte, dass der Meister völlig von der Geometrie eingenommen sei. Zur gleichen Zeit entstand der Entwurf (Karton) für die Annunziata. Das Thema war die Jungfrau, die sich auf dem Schoß der Heiligen Anna sitzend vorbeugt, um ihr Kind festzuhalten, das halb aus ihrer Umarmung entflohen ist, um mit einem Lamm auf dem Boden zu spielen. Die Beschreibung entspricht genau dem Aufbau des Bildes von der Jungfrau und Anna im Louvre.

In diesem Werk lächelt die Hl. Anna, mit ihrer linken Hand nach oben zeigend, mit einem intensiven Blick des Wunderns und Fragens in das Gesicht der Jungfrau, die ihrerseits auf ihr Kind herabblickt, wie es sich von ihrem Schoß neigt, um den kleinen Johannes den Täufer neben ihm zu segnen. Offenbar gab es zwei ähnliche Entwürfe. Ein erster Rohentwurf für das Motiv des National-Gallery-Kartons befindet sich im J. Paul Getty Museum in Los Angeles.[2] Ein Gemälde Leonardos auf der Basis dieses Entwurfs existiert nicht. Es bleibt umstritten, ob der Karton in der National Gallery oder der von Leonardo 1501 in der Annunziata gezeigte der frühere ist.

Trotz des allgemeinen Lobs für seinen Entwurf vollendete Leonardo das Altarbild nicht. Die Mönche von Annunziata mussten den Auftrag wieder an Filippino Lippi geben, nach dessen Tod die Aufgabe von Perugino beendet wurde. Er begann mit der Arbeit an einem weiteren Porträt, La Gioconda, das erst vier Jahre später fertiggestellt wurde.

Der Gonfaloniere Soderini bot ihm vergeblich den riesigen Marmorblock zur freien Verfügung an, aus dem Michelangelo drei Jahre später seinen David meißeln sollte. Isabella Gonzaga bat Leonardo erneut in einem Brief um eine Malerei, aber sie wurde wieder vertröstet; er tat ihr jedoch einen kleinen Gefallen, indem er für sie einige juwelenbesetzte Vasen aus dem früheren Besitz Lorenzo de Medicis begutachtete. Die Erwartung eines Meisterwerks der Malerei oder Bildhauerei, die ihn von allen Seiten in Florenz bedrängte, veranlasste ihn, einen fürstlichen Auftraggeber zu suchen, der wissenschaftliches Interesse hatte und es ihm ermöglichen sollte, Ingenieurprojekte in großem Maßstab auszuführen.

Im Dienst Cesare Borgias

Im Frühjahr 1502 trat er in den Dienst Cesare Borgias, des Herzogs von Valentino. Dieser war zu diesem Zeitpunkt mit der Konsolidierung seiner jüngsten Eroberungen in der Romagna beschäftigt.

Zwischen Mai 1502 und März 1503 bereiste Leonardo als oberster Ingenieur einen großen Teil Mittelitaliens. Nach einem Besuch in Piombino an der Küste gegenüber Elba fuhr er über Siena nach Urbino, wo er Zeichnungen anfertigte. Anschließend wurde er über Pesaro und Rimini nach Cesena gerufen; zwischen Cesena und Cesenatico verbrachte er zwei Monate, in denen er Kanal- und Hafenarbeiten plante und leitete und die Restaurierung des Palasts Friedrichs II. plante.

Danach begleitete er seinen Arbeitgeber, der in Imola von Feinden belagert wurde. Er folgte ihm nach Sinigallia und Perugia, durch einen Wirbel von Stürmen und Überraschungen, Vergeltung und Verrat, und schließlich über Chiusi und Acquapendente nach Orvieto und wahrscheinlich Rom, wo Cesare im Februar 1503 ankam. Als Vito Luzza, ein ehemaliger Gefolgsmann von Cesare, mit dem sich Leonardo angefreundet hatte, noch vor Cesares eigenem Sturz von diesem umgebracht wurde, verließ Leonardo sein Dienstverhältnis und kehrte zurück nach Florenz, wo er zwei Monate später eintraf.

Gemälde der Anghiarischlacht

Detail der Anghiarischlacht, 1603gezeichnete Kopie von Peter Paul Rubens

Detail der Anghiarischlacht, 1603
gezeichnete Kopie von Peter Paul Rubens

In Florenz bekam Leonardo auf Initiative Piero Soderinis den Auftrag, ein großes Schlachtengemälde für eine der Wände des neuen Ratssaals (Sala dei Cinquecento im Palazzo della Signoria) zu schaffen. Der Meister wählte als Thema eine Episode des Sieges der Republik über Niccolo Piccinino nahe einer Brücke bei Anghiari im oberen Tibertal. Michelangelo wurde mit einem konkurrierenden Schlachtengemälde auf einer anderen Wand des gleichen Saals betraut und entschied sich für die Schlacht bei Cascina. Etwa zur gleichen Zeit nahm Leonardo an der Diskussion über den passenden Platz für Michelangelos gerade vollendeten David teil und bestimmte dafür die Loggia dei Lanzi, gegen die Mehrheit und Michelangelos Wunsch. Zur Vorbereitung seines Kartons wurde Leonardo der Sala del Papa in Santa Maria Novella zugewiesen. Dieses eine Mal arbeitete er stetig und unermüdlich an seiner Aufgabe. Aus seinen Berichten an die Signoria wird sein kontinuierlicher Fortschritt deutlich. In weniger als zwei Jahren (1504–1505) war der Entwurf fertig. Als dieser zusammen mit dem des Michelangelo ausgestellt wurde, erschienen beide Entwürfe als Anlagen zu großen Kunstwerken. Den damaligen Studenten dienten sie als Modell und Beispiel, so wie die Fresken von Masaccio in Santa Maria del Carmine den Schülern zwei Generationen zuvor geholfen hatten. Der junge Raffael, dessen Instinkt für rhythmische Zeichnung sich bis dahin entsprechend den umbrischen Traditionen an Stille und Nachdenken geübt hatte, lernte von Leonardo, denselben Spürsinn auch bei dramatischen Gegenständen anzuwenden. Leonardos Kampfesdarstellung gab auch Fra Bartolommeo und einer ganzen Schar weiterer aufsteigender Florentiner Maler neue Impulse.

Der Meister übertrug seinen Entwurf auf die Maueroberfläche. Dazu hatte er eine neue technische Methode erfunden, die er nach einem vorläufigen Versuch im Sala del Papa für erfolgversprechend hielt. Die Farben – ob Tempera oder andere, ist unklar – mussten auf einen speziell präparierten Untergrund aufgetragen werden, worauf jene – Farben und Untergrund – mittels Wärme verbunden wurden. Nach Beendigung der zentralen Gruppe wurde Hitze angewendet, die aber ungleichmäßig wirkte: Die Farben im oberen Teil verliefen oder schuppten von der Wand ab, das Resultat war ein Fehlschlag.

Marienbilder

Anatomische Studien von Leonardo, um 1507

Anatomische Studien von Leonardo, um 1507

Um 1501 schuf Leonardo eines seiner bedeutendsten Marienbildnisse Madonna mit der Spindel, das in zwei Varianten existierte. Möglicherweise stammt die New Yorker Fassung von seinem Schüler Giacomo Salai. Um 1506 bis 1513 folgte Anna Selbdritt, ein Bildnis mütterlicher Liebe, das Anna, Maria und den Christusknaben zeigt. Das Bild blieb in Leonardos Besitz bis zu seinem Tod.

Anatomische Studien und andere wissenschaftliche Arbeiten

Im Hospital des Klosters Santa Maria Nuova betrieb er damals umfangreiche anatomische Studien. Zu dieser Zeit war die Sektion von Leichen geächtet und offiziell verboten und wurde nur gelegentlich von der katholischen Kirche an hingerichteten Straftätern erlaubt. Deshalb sezierte Leonardo die Leichen heimlich. Auf Fragen nach seinem Tun antwortete er, derlei Studien hälfen ihm in der Malerei, den menschlichen Körper mit seinen Proportionen, seinen sichtbaren Muskeln und seinen anderen anatomischen Details korrekt wiederzugeben. Als Naturwissenschaftler interessierte er sich jedoch auch für das Innere des Menschen. Fasziniert von Anatomie und Mechanik, baute er den ersten Roboter. Dieser mechanische Roboter war ursprünglich für eins der spektakulären Feste von Ludovico Sforza, Herzog von Mailand, entworfen worden.

In den folgenden Jahren beschäftigte Leonardo sich besonders eingehend mit Botanik, Medizin, Anatomie, Geometrie und Geologie.

Mona Lisa

Mona Lisa, 1503–06. Paris, Louvre

Mona Lisa, 1503–06. Paris, Louvre

In den Jahren 1503–1506 arbeitete Leonardo erneut am Porträt der Mona Lisa, der neapolitanischen Hausfrau Monna Lisa del Giocondo (geb. Gherardini), Gattin des Francesco di Bartolommeo di Zanobi del Giocondo, wie einige Quellen besagen, die davon ausgehen, dass er damit schon vor seinen Reisen mit Cesare Borgia begonnen hatte, und vollendete es. In Lisa Gherardini hatte er ein Modell gefunden, deren Antlitz und Lächeln einen einzigartigen, rätselhaften Charme besaß, der ihn entzückte. Der Meister arbeitete an ihrem Porträt, wie er sagte, während eines Teils von vier aufeinander folgenden Jahren und ließ während der Sitzungen Musik aufspielen, damit der gespannte Ausdruck nicht aus dem Antlitz seines Gegenübers entschwinde. Zeit seines Lebens konnte sich Leonardo nicht von dem Bild trennen, es begleitete ihn auf allen seinen weiteren Lebensstationen. Erst nach seinem Tod wurde das Werk durch Franz I. von Frankreich für viertausend Goldflorin erworben. Später gelangte es in den Besitz von Napoléon, und seit 1804 ist es im Louvre ausgestellt. Heute ist das weltbekannte Gemälde ein ausgesprochener Publikumsmagnet, es ist jedoch nach einem Anschlag im Jahr 1956 nur noch durch Panzerglas zu betrachten.

Der Reichtum der Farben, den Vasari beschrieb, hat sich im Laufe der Jahrhunderte verflüchtigt, teils durch Beschädigungen, teils weil der Maler bei seinen Bemühungen um Effekte daran gewöhnt war, seine Figuren auf dunklem Hintergrund zu modellieren und in diesem Ölbild – genauso wie auch in seinen anderen Gemälden – der Hintergrund in erheblichem Maße durchgekommen ist. Doch selbst in seinem abgedunkelten Zustand schlägt das Porträt den Betrachter in seinen Bann, sowohl durch die Raffinesse des Ausdrucks und durch die Präzision und Verfeinerung der Zeichnung als auch durch die romantische Ausführung des Hintergrundes. Zahllose Publikationen beschäftigen sich bis heute mit der Mona Lisa. Es wurde sogar spekuliert, dass das Gemälde Züge seines eigenen Gesichts aufweise.

Späte Mailänder Jahre

Zeichnung von Da Vinci, ca. 1510–13: ein Fötus in der Gebärmutter. Royal Library, Windsor Castle

Zeichnung von Da Vinci, ca. 1510–13:
ein Fötus in der Gebärmutter. Royal Library, Windsor Castle

In den frühen Jahren des 16. Jahrhunderts akzeptierte Leonardo – vielleicht wegen seines Ärgers über das Scheitern seiner Arbeit im Ratssaal – eine dringende Einladung nach Mailand von Charles d'Amboise, Marschall von Chaumont, Leutnant des französischen Königs in der Lombardei. Auf Ersuchen des französischen Vizekönigs war er von der Signoria für drei Monate beurlaubt worden. Der Zeitraum wurde mehrmals verlängert, erst widerwillig, da Soderini klagte, dass Leonardo die Republik in Sachen des Schlachtengemäldes im Stich gelassen habe. Daraufhin bot der Maler die Rückerstattung des gezahlten Honorars an, was die Signoria aber ebenso ablehnte.

Ludwig XII. schickte Nachricht, Leonardo solle seine Ankunft in Mailand abwarten; er hatte eine kleine Madonna von ihm in Frankreich gesehen (wahrscheinlich die von Robertet gemalte) und war sehr beeindruckt davon. Im Mai 1507 traf der König in Mailand ein, und bald darauf wurden Leonardos Dienste formal und gütlich von der florentinischen Signoria auf Ludwig übertragen, der ihm den Titel eines Hofmalers und ordentlichen Ingenieurs verlieh.

Im September des gleichen Jahres riefen unangenehme Privatangelegenheiten Leonardo nach Florenz. Sein Vater war 1504 gestorben, anscheinend ohne Testament. Leonardo geriet mit seinen sieben Halbbrüdern – Ser Pieros legitimen Söhnen – über das Erbe in Konflikt. Sie waren alle viel jünger als er. Einer von ihnen, der dem Beruf seines Vaters folgte, machte sich zum Sprecher der anderen in der Anfechtung von Leonardos Ansprüchen auf seinen Anteil, erst an der Erbschaft des Vaters, dann auch noch an der eines Onkels. Darauf folgte ein langjähriger Rechtsstreit, der Leonardo zu häufigen Besuchen in Florenz und Unterbrechungen seiner Arbeit in Mailand zwang, trotz dringender brieflicher Ersuchen von Charles d'Amboise, vom französischen König selbst und von anderen mächtigen Freunden und Patronen an die Behörden der Republik, den Vorgang zu beschleunigen. Es gibt Arbeitsspuren aus diesen unfreiwilligen Besuchen in Florenz. Ein dort 1508 gezeichnetes Blatt mit Skizzen zeigt den Anfang einer Madonna, die bis auf Kopien verloren ist. Eine der Kopien – Madonna Litta genannt – befindet sich in St. Petersburg. In der Fachwelt wird heute (2006) zumeist bezweifelt, dass es sich um ein Werk Leonardo da Vincis handelt. In einem Brief an Charles d'Amboise von 1511, in dem er das Ende des Rechtsstreits ankündigt, spricht Leonardo von zwei Madonnen verschiedener Größe, die er mit nach Mailand bringen wolle. Eine davon war eventuell das Urbild der Madonna Litta von Petersburg. Bei dem anderen könnte es sich um das Bild der Jungfrau, der Hl. Anna und des Hl. Johannes im Louvre handeln, das nun, basierend auf dem Entwurf, vollendet wurde.

Unterdessen war Mailand sein Hauptaufenthaltsort. Gemäß den Aufzeichnungen beschäftigten ihn nur wenige Bildwerke und gar keine Skulpturen (es sei denn, der unerfüllte Auftrag für das Trivulzio-Monument gehörte in diese Zeit). Sein neuer Freund und Schüler war Francesco Melzi. In der Villa der Melzi-Familie in Vaprio, wo Leonardo regelmäßig verkehrte, wurde eine Madonna auf einer der Wände traditionell ihm zugeschrieben. Es handelt sich aber tatsächlich um ein Werk Sodomas oder der Melzi-Familie selbst unter der Aufsicht des Meisters.

Ein anderer Maler im Dienste des französischen Königs, Jean Perréal oder Jehan de Paris, besuchte Mailand und beriet sich mit Leonardo über technische Fragen. Vorwiegend war dieser aber mit der Fortführung seiner großen hydraulischen Projekte bzw. Bewässerungsarbeiten in der Lombardei beschäftigt.

Er griff sein altes Amt des Schauspielmeisters und Erfinders von wissenschaftlichem Spielzeug beim triumphalen Einzug Ludwigs XII. nach dem Sieg von Agnadella 1509 wieder auf und erfreute damit das französische Gefolge des Königs. Auch beim Bau des neuen Chorgestühls für die Kathedrale wurde Leonardo konsultiert. Er beschäftigte sich weiterhin mit den Naturwissenschaften, insbesondere mit Anatomie, die er zusammen mit dem berühmten Professor von Pavia, Marcantonio della Torre, betrieb.

Rom

Porträt des Papstes Leo X. mit den Kardinälen Giulio de' Medici, dem späteren Clemens VII. und Luigi de' Rossi, Gemälde von Raffael, um 1518-1519, Florenz, Uffizien

Porträt des Papstes Leo X. mit den Kardinälen Giulio de' Medici, dem späteren Clemens VII. und Luigi de' Rossi, Gemälde von Raffael, um 1518-1519, Florenz, Uffizien

Als sein Prozess 1511 zu Ende war und er nach Mailand zurückkehrte, war er bereits sehr berühmt. Um 1512 schuf er die Rötelzeichnung mit dem Kopf eines bärtigen Mannes, sein vermeintliches Selbstporträt, das in der Biblioteca Reale in Turin hängt. Ein Bild, das unbestritten Leonardo zeigt, ist bis heute nicht bekannt.

Sein königlicher Auftraggeber konnte sich nicht in Italien halten. Im Juni 1512 brachte ein Bündnis zwischen Spanien, Venedig und dem Papst wieder die Sforza-Dynastie in Mailand an die Macht, diesmal Ludovicos Sohn Massimiliano.

Massimiliano muss als Kind mit Leonardo bekannt gewesen sein, missbilligte aber wahrscheinlich seine Anstellung beim französischen König und stellte ihn nicht in seinen Dienst. Daher zog Leonardo da Vinci mit seinem Hab und Gut sowie einem Gefolge aus Schülern nach Rom und trat in den Dienst des Hauses Medici ein, dem er dereinst verbunden war. Papst Julius II. hatte Rom bereits zum Zentrum der italienischen Kunst gemacht. Als ihm 1513 Giovanni de Medici als Leo X. nachfolgte, machte man sich allerseits Hoffnungen auf noch üppigere und wohlwollendere Patronage. Leonardos spezieller Freund am päpstlichen Hof war der jüngste Bruder des Papstes, Giuliano de Medici, der verschwenderische Gewohnheiten mit einem echten Interesse an Kunst und Wissenschaften verband. Durch seinen Einfluss wurden Leonardo und seine Mitarbeiter im Belvedere des Vatikans untergebracht. Der Meister bekam ein eigenes Atelier mit einem deutschen Mitarbeiter, der jedoch den Auftrag hatte, den Papst, der keine Sympathien für Leonardo hegte, stets über dessen Aktivitäten zu unterrichten.

Die Bedingungen der Zeit und des Orts stellten sich als ungünstig für Leonardo heraus. Die jüngeren Künstler Raffael und Michelangelo wurden durch die Arbeiten in der Stanze und der Sixtinischen Kapelle sehr berühmt. Ihre rivalisierenden Anhänger hassten sich gegenseitig, aber beide Gruppen, insbesondere die Michelangelos, wandten sich erbittert gegen den altgedienten neu Hinzukommenden.

Von Leonardos kleinen Erfindungen und wissenschaftlichen Experimenten, insbesondere von einer Art zoologischen Spielzeugs, das er erfunden hatte, und von mechanischen Tricks, die mit lebenden Tieren durchgeführt wurden, war der Papst wohl eher angetan. Um die ernsthafteren Projekte und Forschungen des Genies aber kümmerte er sich wenig, war er doch weit mehr an den Fantastereien der Alchemisten und Astrologen interessiert.

Als Leonardo den Auftrag für ein Bild bekam, jedoch dabei beobachtet wurde, wie er für sich ein neues Medium aus Ölen und Kräutern zusammenmischte, noch bevor er mit dem Entwurf begonnen hatte, war der Papst verärgert. Die einzigen Gemälde, die der Meister nach der Quellenlage sicher in Rom anfertigte, waren zwei kleine Tafelbilder für einen Beamten des päpstlichen Hofes, eines von einem Kind, das andere von einer Madonna, beide nicht erhalten. In diese Zeit könnte auch eine verlorene Leda gehören, die aufrecht steht, mit einem Schwan an ihrer Seite und den vier Kindern zu ihren Füßen. Dieses Bild befand sich im 16. Jahrhundert in Fontainebleau und ist aus mehreren Kopien bekannt, die schönste in der Galleria Borghese in Rom, sowie aus einem oder zwei vorläufigen Skizzen vom Meister selbst und einer kleinen skizzierten Kopie von Raffael.

Ein Porträt einer Florentiner Dame, das er für Giuliano de Medici gemalt haben soll und das später in Frankreich gesehen wurde, könnte ebenfalls in Rom geschaffen worden sein, allerdings könnten wir es hier auch mit einer ungenauen Beschreibung der Mona Lisa zu tun haben. Traditionell wird Leonardo ein Fresko einer Madonna im Konvent von St. Onofrio zugeschrieben, aber es handelt sich um ein Werk Boltraffios.

Die einzigen aus Leonardos Zeit in Rom bekannten Ingenieurwerke waren die Arbeiten am Hafen und an den Verteidigungsanlagen von Civitavecchia. Durch weitere umfangreiche anatomische Studien entdeckte Leonardo damals auch die Arteriosklerose bei alten Menschen. Doch seine – ebenfalls umfangreichen – Aufzeichnungen hierüber wurden nie publiziert und blieben jahrhundertelang verschollen.

Franz I. von Frankreich (Jean Clouet zugeschrieben, um 1525, Paris, Louvre)

Franz I. von Frankreich (Jean Clouet zugeschrieben, um 1525, Paris, Louvre)

Der Meister fühlte sich während seiner römischen Jahre zum ersten und einzigen Mal im Leben gekränkt. Der Hilfsarbeiter aus Deutschland bewohnte sein Heim und bespitzelte ihn für den Papst. Aufgrund von dessen Vorwürfen der Leichenfledderei und Pietätlosigkeit bei anatomischen Studien entzog der Papst Leonardo seine Gunst zeitweise ganz. Insgesamt blieb Leonardo knapp zwei Jahre in Rom.

Ludwig XII. war in den letzten Tagen des Jahres 1514 gestorben. Sein junger und brillanter Nachfolger Franz I. von Frankreich überraschte Europa: Er stieß an der Spitze einer Armee über die Alpen vor, um seine Rechte in Italien zur Geltung zu bringen. Nach einigem Zögern befahl Leo X. im Sommer 1515 Giuliano de Medici als Gonfaloniere der Kirche, die päpstlichen Truppen in die Emilia zu führen und die Bewegungen der Invasoren zu beobachten. Leonardo begleitete seinen Protektor auf dem Marsch und blieb mit dem Hauptquartier der päpstlichen Armee in Piacenza, als Giuliano erkrankte und sich nach Florenz zurückzog. Nach der Schlacht bei Marignano sollten sich Franz und der Papst im Dezember in Bologna treffen. Der Papst, der über Florenz reiste und dort einen großen neuen Plan für die laurentinische Bibliothek diskutierte, beabsichtigte, diesen Auftrag Leonardo zu geben; aber Michelangelo kam aus Rom und sicherte sich den Auftrag.

Leonardo begab sich von Piacenza aus wieder in seine Heimatstadt und wurde dort dem König vorgestellt. Der junge Souverän und der alte Künstler und Wissenschaftler verstanden sich gut. Leonardo begleitete Franz auf dessen Heimmarsch bis Mailand und beschloss dort, die Einladung des Königs nach Frankreich anzunehmen, wo ihm ein neues Heim, Ehre und Achtung zugesichert wurden.

Frankreich

Wohnsitz Leonardos in Amboise

Wohnsitz Leonardos in Amboise

Die letzten zweieinhalb Jahre seines Lebens verbrachte Leonardo da Vinci im Schloss Clos Lucé in Amboise, das ihm zusammen mit einer großzügigen Pension überlassen wurde. Der Hof kam oft nach Amboise, und der König erfreute sich der Gesellschaft seines Schützlings. Er erklärte, dessen Wissen in der Philosophie und den schönen Künsten stehe jenseits dem aller Sterblichen.

Johannes der Täufer, 1513-1516, Paris, Louvre

Johannes der Täufer, 1513-1516, Paris, Louvre

Im Frühjahr 1518 hatte Leonardo Gelegenheit, seine alten Talente als Festmeister einzusetzen, als der Dauphin getauft und eine Medici-Bourbonische Hochzeit gefeiert wurde. Er zeichnete Pläne für einen neuen Palast in Amboise und arbeitete am Projekt eines großen Kanals (Canal du Centre) zwischen Loire und Saône. Weil schriftliche Beweise fehlen, ist ein einfallsreicher Versuch unternommen worden, nachzuweisen, dass er die berühmte spiralförmige Treppe in Blois entworfen hat.

Unter seinen Besuchern war ein Landsmann, Kardinal Louis d'Aragon, dessen Sekretär einen Bericht hinterlassen hat. Leonardo litt anscheinend an einer leichten Paralyse, die die Bewegung seiner Hand beeinträchtigte. Er zeigte dem Kardinal drei Bilder, das Porträt einer Florentiner Dame für Giuliano de Medici (evtl. die Mona Lisa), die Jungfrau im Schoß der Heiligen Anna (wahrscheinlich das Louvre-Bild, vollendet in Florenz oder Mailand zwischen 1507 und 1513) und einen jugendlichen Johannes den Täufer. Dieses ist eines seiner letzten Bilder, entstanden um 1513 bis 1516, das er möglicherweise erst in Frankreich schuf. Es zeigt das abgedunkelte und teilweise neu gemalte, aber immer noch kraftvolle Bild des Johannes mit einem von Innen kommenden Lächeln, der mit einem Finger prophetisch aufwärts zeigt wie die Heilige Anna im National-Gallery-Karton. Besonders deutlich wird hier Leonardos Chiaroscuro-Technik.

Über die Pomona, die von Giovanni Paolo Lomazzo als Werk der letzten Jahre in Amboise erwähnt wird, sagt sein Besucher nichts, auch nicht über den Bacchus im Louvre, der traditionell Leonardo zugeschrieben wurde, aber heute als das Werk eines Schülers klassifiziert wird. Neben Gemälden zeigte Leonardo seinen Besuchern auch einige seiner Notizen und Beobachtungen über Physik und Anatomie. Seine wissenschaftlichen Aufzeichnungen beziehen sich auf einen Zeitraum von mehr als vierzig Jahren. Sie blieben zur damaligen Zeit ungeordnet und unveröffentlicht.

Tod

Das Grab Leonardo da Vincis in Amboise

Das Grab Leonardo da Vincis in Amboise

Am Osterabend 1519, dem Tode nahe, machte Leonardo sein Testament. Er bestimmte, dass in drei verschiedenen Kirchen in Amboise Messen gelesen und Kerzen angezündet werden sollten. Er wollte auf dem Friedhof in St. Florentin mit einer Zeremonie, an der sechzig arme Männer als Fackelträger teilnehmen sollten, bestattet werden.

Vasari berichtet von einer Bekehrung und Reue auf dem Totenbett. Manchmal hatte er scharf die Anmaßungen der Priester angeprangert. Viele seiner Meisterwerke zeigen christliche Motive. Da Leonardo ausschließlich Auftragswerke ausführte, kann über seine Haltung zur Kirche und zur Religion keine Aussage gemacht werden.

Seine unermüdlichen naturwissenschaftlichen Studien und Forschungen führten zu dem Verdacht, er betreibe magische Künste. Leonardo war jedoch Wissenschaftler, nicht Magier, vielmehr lehnte er - im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen - magische Praktiken ab. Grundlage seiner Arbeiten war die Erfahrung. Er hatte wenig Respekt vor Autoritäten. Die Erforschung der Naturgesetze interessierte ihn mehr als religiöse Dogmen; aber wenn er diese erwähnte, tat er es mit Respekt. Nachdem er die Sakramente der Kirche empfangen hatte, starb er am 2. Mai 1519.

König Franz in Saint-Germain-en-Laye soll über den Verlust Leonardos geweint haben. Nach einer vorläufigen Bestattung an einem anderen Ort wurden die Gebeine entsprechend seinem Willen am 12. August zum Kloster von St. Florentin gebracht.

Er hinterließ alle seine Manuskripte und die gesamte Ausstattung seines Ateliers zusammen mit anderen Geschenken seinem Testamentsvollstrecker Francesco Melzi, seinem Diener Battista Villani und Salai jeweils die Hälfte seines Weinbergs außerhalb von Mailand, Geld und Kleider seinem Dienstmädchen Maturina, weiteres Geld den Armen des Hospitals in Amboise und vierhundert Dukaten, die in Florenz hinterlegt waren, seinen Halbbrüdern.

Bedeutung für Kunst und Wissenschaft

Entwürfe für einen Flugapparat

Entwürfe für einen Flugapparat

Entwurf einer Flugspirale

Entwurf einer Flugspirale

Leonardos Panzerfahrzeug ausgestellt in Berlin

Leonardos Panzerfahrzeug
ausgestellt in Berlin

Automatischer Wagen  im Schloss Clos Lucé

Automatischer Wagen
im Schloss Clos Lucé

Zahnradgetriebeim Schloss Clos Lucé

Zahnradgetriebe
im Schloss Clos Lucé

Leonardo da Vinci gilt gleichzeitig als einer der größten Künstler und als genialer Wissenschaftler. Er erstellte zahlreiche Entwürfe für Kunstgegenstände wie Gemälde und Skulpturen, von denen er die meisten nie ausgeführt hat. Außerdem schuf er eine große Zahl von künstlerisch wertvollen Illustrationen zu verschiedenen Themen wie Biologie, Anatomie, Technik, Waffentechnik und Architektur und hinterließ Bauwerke, technische Anlagen und Beobachtungen des Kosmos. Besonders bedeutsam sind seine sehr genauen anatomischen u.a. naturwissenschaftlichen Zeichnungen. Er bildete schon Längs- und Querschnitte ab und legte darüber hinaus Draufsichten an. In den Wissenschaften war er ein Pionier, der Entwürfe und Anlagen entwickelte, die seiner Zeit weit voraus waren.

Er vereinte sein Wissen über Licht und Schatten mit den alten Florentiner Stärken der linearen Zeichnung und des psychologischen Ausdrucks und schuf auf dieser Grundlage seine Meisterwerke. Sein Lebenswerk ist immens. Allein der Versuch, das Verständnis von Licht und Schatten in die Malerei einzubringen, wurde zum wichtigen Thema der Malerei bis in die heutige Zeit hinein.

Für die malerische Teildisziplin Farbenlehre gilt Leonardo als frühester Wegbereiter. Er beschrieb in seinen Notizen über Kunst und Malerei farbharmonische Phänomene wie den Simultankontrast und die Komplementärfarben. Im Regenbogen sah er eine Offenbarung der Harmoniegesetze durch die Natur. Auch die später von Goethe entwickelte Farbpsychologie nahm Leonardo insofern schon vorweg, als er Farbdisharmonien als unholde Gesellschaft beschrieb.

Tun und Erkennen waren für ihn gleichermaßen wichtig. Teilweise wurde seine Tatkraft von seinem großen Forschungsdrang gelähmt. Zunächst wollte er lernen, Meisterwerke der Kunst zu schaffen. Mehr und mehr interessierte er sich für das Wissen über die Natur. Leonardo verband die Vergilsche Sehnsucht rerum cognoscere causas (die Ursachen der Dinge zu erkennen) mit dem Willen zum sichtbaren Schaffen.

Seine Notizbücher, Zeichnungen und Skizzen bestehen aus ca. 6000 Blättern. Zu seinen Lebzeiten wurde, insbesondere von seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten, nichts veröffentlicht. Erst im 19. und 20. Jahrhundert fanden sich die Manuskripte in Bibliotheken und privaten Sammlungen. Ihre Bedeutung wurde erst zu dieser Zeit gewürdigt. Sie sind heute unter dem Namen Codex Leicester [3] und Codex Madrid [4] zugänglich.

Leonardo notierte alles in Spiegelschrift. Die Erklärung dafür ist umstritten. Eine Vermutung ist, dass dies ein Ausdruck seiner ausgeprägten Linkshändigkeit war. In Spiegelschrift fällt Linkshändern das Schreiben leichter, weil sie dabei die Feder nicht zu ihrer Spitze hinschieben müssen, sondern sie von rechts nach links ziehen können.

Eine andere Annahme besagt, er habe die Spiegelschrift benutzt, um seine Ideen nicht sofort allgemein zugänglich zu machen. Zu seiner Zeit gab es noch keinen rechtlichen Schutz der Urheberschaft an Erfindungen (wie das heutige Patentrecht). Gilden und Geheimbünde übertrugen das Wissen vom Meister auf den Lehrling.

Durch experimentelle Nachbauten wurde erwiesen, dass er in seinen Konstruktionszeichnungen kleine, aber entscheidende Details vertauschte, so dass ein genauer Nachbau des Gezeichneten in der Praxis nicht funktionieren würde.

Leonardos bekannteste Illustration ist „Der vitruvianische Mensch“, welche heute die italienische 1-Euro-Münze ziert. (Die Idee dieses Proportionsschemas der menschlichen Gestalt stammt von Vitruv, einem römischen Architekten, Ingenieur und Schriftsteller des 1. Jh. v. Chr.; daher der Name „Der Vitruvische Mensch“.)

Seine wenigen erhaltenen Kunstwerke sind weltbekannt. Nach heutigem Wissensstand existieren 12 vollendete Werke und 12, an denen er mitgearbeitet hat. Alle seine Ölbilder wurden mit Röntgenstrahlen oder Infrarot untersucht. Diese Methoden zeigen beispielsweise Grundierungen, Vorzeichnungen, die Maltechnik und spätere Übermalungen und erleichtern die genaue Zuordnung.

Besonders berühmt ist das Porträt der Mona Lisa, welches heute im Louvre in Paris ausgestellt ist. Fast ebenso bekannt ist das Wandgemälde Das Abendmahl in Mailand. Aber auch andere Gemälde Leonardos sind bekannt, darunter die Dame mit dem Hermelin in Krakau. Von seinen Skulpturen ist kein Original erhalten.

Im Laufe der Zeit nahmen seine wissenschaftlichen Forschungen und sein durch Studium angeeignetes Wissen über Naturkräfte, die er zum Nutzen der Menschheit einzusetzen wollte, immer mehr an Bedeutung zu. Jahrzehntelang entwickelte und optimierte er beispielsweise Skizzen von Fluggeräten, die z.T. den heutigen Hubschraubern gleichen.

Er erfand auch eine Konstruktion mit Getriebe, die ein Vorläufer des Automobils sein könnte. In der Wissenschaft sprach er damit als einer der Ersten in der Neuzeit die Probleme an, deren Lösung spätere Forscher über Generationen hinweg beschäftigte. - Je mehr über Leonardos Forschungen bekannt wird, desto mehr überstrahlt er seine Zeitgenossen.

In jüngerer Zeit werden mehrere Entwürfe Leonardos umgesetzt. So gibt es eine Autobahnbrücke bei Oslo, die nach seinen Skizzen gebaut wurde und bei der Funktionalität mit großer Schönheit vereinigt ist. In Freiburg existiert die Leonardo-Brücke, die ohne mechanische Befestigung auskommt. Auch andere Leonardo-Konstruktionen werden realisiert. So versuchen Wissenschaftler, einen Roboter aufgrund von in verschiedenen Manuskriptseiten gefundenen Hinweisen zu bauen. Seine Erfindungen für Bauwerke, Kanäle u.ä. werden ebenfalls z.T. umgesetzt. Skizzen von Schiffen, z.B. mit Schaufelradantrieb, Flugzeugen, Autos u.a. versucht man als Einzelexemplare herzustellen. Ihm selbst, der seiner Zeit weit voraus war, fehlten vor allem die mathematischen Kenntnisse und die finanziellen Mittel zur Verwirklichung einiger seiner Erfindungen. Andere waren der Zeit so weit voraus, dass sie erst im 20. Jahrhundert ohne Rückgriff auf Leonardo da Vinci neu konzipiert wurden.

Werk

Frühe Werke

Es existieren nur einige anerkannte Bildkunstwerke aus seiner Lehrzeit und seinen Jahren in Florenz

  • Ein kleiner und reizvoller Streifen einer rechteckigen Verkündigung – entstanden kurz nach 1470 – ist allgemein als seine Arbeit anerkannt; eine Zeichnung in den Uffizien, die in größerem Maßstab dem Kopf der Jungfrau in dem gleichen Bild entspricht, scheint eher eine Kopie aus späterer Zeit zu sein.
  • Die kleine Verkündigung im Louvre passt im Stil nicht zu einer anderen und größeren, oft diskutierten in den Uffizien, die eindeutig aus der Werkstatt Verrocchios um 1473/74 stammt und die viele Kritiker dem jungen Leonardo zuschreiben. Es könnte sich um eine gemeinsame Atelierarbeit von Verrocchio und seinen Schülern einschließlich Leonardos handeln; sicherlich war dieser daran beteiligt, denn eine Studie für den Ärmel des Engels (in Christ Church, Oxford, erhalten) ist fraglos von ihm gefertigt.
  • Die früheste datierte Zeichnung Leonardos mit dem Datum 5. August 1473 ist die Arnolandschaft (Uffizien, Florenz).
  • 1471-1475 schuf Leonardo das Werk Madonna mit der Blume, das in der Petersburger Eremitage ausgestellt ist.
  • Um 1475 entstand das Gemälde Madonna mit der Nelke, das später übermalt wurde und erst durch den Einsatz von Röntgenstrahlen auf der Leinwand sichtbar wurde. Es befindet sich in der Münchner Pinakothek.
  • Die um 1475-1480 gemalte Maria mit dem Kinde und einem Granatapfel stammt aus der Werkstatt des Verrocchio und ist nicht eindeutig Leonardo zuzuordnen. Sie wird in der National Gallery of Art in Washington ausgestellt.

Einige Texte Leonardos aus der Mailänder Zeit sind Mitte des 17. Jahrhunderts als Traktat über die Malerei veröffentlicht worden. Es handelte sich wahrscheinlich um Anleitungen für seine Schüler.

Weitere Werke dieser Zeit sind:

  • Das Bildnis von Ginevra de' Benci (um 1478 – 1480) ist das erste Gemälde profanen Inhalts. Auf der ebenfalls bemalten Rückseite befindet sich ein Spruchband mit Versalien: VIRTVTEM FORMA DECORAT ( Schönheit schmückt Tugend). Sie wird in der National Gallery of Art in Washington ausgestellt.
  • Mehrere Bildhauerwerke, darunter ein Basrelief in Pistoia und ein kleines Terrakottamodell eines St. Johannes, sind ebenfalls ohne allgemeine Zustimmung als Handwerk des jungen Meisters ausgegeben worden.
  • Eine prächtige Silberstiftzeichnung eines römischen Kriegers im British Museum ist eindeutig durch oder für ein Bas-Relief unter unmittelbarem Einfluss Verrocchios entstanden.
  • Eine Reihe von Studien von Köpfen mit Stift oder Silberstift, mit einigen Entwürfen von Madonnen, einschließlich einer Serie im British Museum für eine Madonna mit der Katze, könnten aus denselben Jahren oder aus der ersten Zeit seiner Unabhängigkeit stammen.
  • Ein Bogen mit zwei Kopfstudien trägt eine Notiz von 1478, die besagt, dass Leonardo da Vinci in einem der letzten Monate dieses Jahres mit der Arbeit an den Zwei Köpfen begann. Einer der beiden könnte das Bild der Erscheinung der Jungfrau des Heiligen Bernhard sein, das in jenem Jahr für eine Kapelle im Palast der Signoria in Auftrag gegeben, aber nicht vollendet wurde. Der Auftrag wurde anschließend Filippino Lippi übertragen, dessen Ausführung sich in der Badia befindet. Einer der beiden Köpfe auf diesem datierten Bogen ist wahrscheinlich eine Studie für denselben Heiligen Bernhard; sie wurde später für einen Heiligen Leonard in einer Himmelfahrt Christi verwendet, die im Berliner Museum fälschlicherweise Leonardo selbst zugeordnet wurde.
  • Eine Stiftzeichnung, die Bernardo Baroncelli darstellt, einen Anführer der Pazzi-Verschwörung, wie er nach seiner Auslieferung an die Abgesandten von Florenz durch den osmanischen Sultan aus einem Fenster des Bargello hängt, kann wegen des Themas auf den Dezember 1479 datiert werden.
  • Eine Reihe seiner besten Zeichnungen der folgenden Jahre sind vorbereitende Stiftstudien für ein Altarbild der Anbetung der Weisen, das Anfang 1481 im Auftrag der Mönche von San Donato in Scopeto angefertigt wurde. Der monochrome Entwurf für dieses Bild, ein Werk außergewöhnlicher Kraft sowohl in der Zeichnung als auch im physiognomischen Ausdruck, ist in den Uffizien erhalten, aber das Altarbild selbst ist nie ausgeführt worden. Der Auftrag wurde Leonardo entzogen und Filippino Lippi übertragen.
  • Von gleicher oder sogar stärkerer Kraft, wenn auch kleinerem Umfang, ist ein unvollendeter monochromer Entwurf für einen Heiligen Jerome, der zufällig von Kardinal Fesch in Rom gefunden wurde und sich jetzt in den Galerien des Vatikans befindet; er scheint zur ersten Florentiner Phase zu gehören, ist aber in keinem Dokument erwähnt.

Wissenschaftliche Zeichnungen

Zu den meisten Stationen zwischen Mai 1502 und März 1503 existieren datierte Bemerkungen und Zeichnungen. Außerdem hat Leonardo einen Satz von sechs groß angelegten genauen Karten hinterlassen, die fast das ganze Territorium der Maremma, der Toskana und Umbriens zwischen dem Apennin und der Tyrrhenischen See abdecken. Darüber hinaus hat er Pläne zur Umleitung des Flusses Arno ausgearbeitet, die jedoch nicht ausgeführt wurden. Besonders bekannt ist sein Stadtplan von Imola. Die meisten von Leonardos kartografischen Werken befinden sich in der Sammlung der britischen Königin auf Schloss Windsor sowie im Codex Atlanticus in der Ambrosiana in Mailand.

Arbeiten bis 1516

Als Leonardo 1516 Italien verließ, vertraute er den größeren Teil seiner neueren Arbeiten dem Kloster von Santa Maria Nuova an, in dem er für gewöhnlich auch sein Geld hinterlegte. Doch scheint vieles davon schon bald von dort verschwunden zu sein.

Heute (2006) ist davon noch Folgendes erhalten: einige kleine Federstudien von kämpfenden Männern und Pferden; drei hervorragende Studien in roter Kreide in Budapest für Köpfe in der Hauptgruppe; ein Kopf in Oxford in der Kopie eines Zeitgenossen in Originalgröße; eine kleine Skizze von Raffael, auch in Oxford; ein Stich von Zacchia aus Lucca von 1558, nicht nach dem Original angefertigt, sondern nach einer Kopie; sowie eine flämische Zeichnung der Hauptgruppe aus dem 16. Jahrhundert und eine weitere von Rubens, beides Kopien von Kopien. Es handelt sich also z. T. um Werke, die keine Originale Leonardos darstellen.

 

 
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