Kunst ist etwas besonderes
  Carl Spitzweg
 

Selbstportrait, um 1840

Selbstportrait, um 1840

Carl Spitzweg, ca. 1860

Carl Spitzweg, ca. 1860

Signatur

Signatur

Franz Carl Spitzweg (* 5. Februar 1808 in Unterpfaffenhofen; † 23. September 1885 in München), auch Karl Spitzweg, war ein Maler des Biedermeier. Im Kulturbetrieb des 19. Jahrhunderts nahm er eine Außenseiterposition ein.

Leben

Kindheit und Jugend

Carl Spitzweg wurde am 5. Februar 1808 in Unterpfaffenhofen geboren. Seine Mutter – Franziska Spitzweg (geb. Schmutzer) – gehörte als Tochter eines reichen Früchtegroßhändlers dem Großbürgertum Münchens an. Carls Vater – Simon Spitzweg – stammte aus dem Dorf Unterpfaffenhofen nahe der Stadt Fürstenfeldbruck im heutigen Landkreis Fürstenfeldbruck (in Oberbayern), wo seine Familie zu Reichtum gekommen war. Er war ein gebildeter Materialwarenhändler, der in München zu Achtung und Ansehen, auch durch seine politische Tätigkeit, gelangte.

Carl Spitzweg hatte zwei Brüder, deren Berufe ebenfalls vom Vater vorbestimmt waren. Der Älteste, Simon, sollte das Geschäft übernehmen, Carl sollte Apotheker und der Jüngste, Eduard; Arzt werden. In München genoss er eine wohlbehütete Jugend, doch 1819 verlor er als Elfjähriger seine Mutter. Der Vater heiratete noch im gleichen Jahr die Schwester seiner verstorbenen Frau, Maria Kreszenz.

Die Lateinschule durchlief Carl Spitzweg mit vielen Preisen und schloss das humanistische Gymnasium 1825 ab.

Ausbildung

Obwohl sich sein künstlerisches Talent schon früh ankündigte (erste Zeichnung aus dem Jahre 1823) war Carl Spitzweg folgsam und begann im Jahre 1825 seine Lehrzeit in der Königlich-Bayrischen Hofapotheke in München. Am 1. Dezember 1828, in Carls letztem Lehrjahr, starb sein Vater.

1829 arbeitete er in der Löwenapotheke der Stadt Straubing, wo er ein Jahr zusammen mit Theaterleuten und Malern verlebte. In diesem Jahr starb der älteste Bruder als Kaufmann im ägyptischen Alexandria.

Spitzweg begann 1830 mit dem Studium der Pharmazie, Botanik und Chemie an der Münchner Universität, das er 1832 mit Auszeichnung abschloss. Er war nun als praktischer Apotheker zugelassen. 1833 brach Spitzweg seine Apotheker-Laufbahn ab. Während eines Kuraufenthaltes in Bad Sulz, Peißenberg nach einer Krankheit, fasste er den Entschluss, sich hauptberuflich der Malerei zu widmen. Die Entscheidung wurde dadurch erleichtert, dass er zu dieser Zeit sein Erbanteil zugewiesen bekam.

Grab im Alten Südfriedhof in München

Grab im Alten Südfriedhof in München

1835 wurde er Mitglied des Münchner Kunstvereins. Spitzweg hat nie eine Akademie besucht, er war ein Autodidakt. Es folgten Reisen nach Dalmatien (1839), nach Venedig (1850) und mit dem Landschaftsmaler Eduard Schleich nach Paris, London (zur ersten Weltausstellung) sowie auf dem Rückweg nach Antwerpen (1851) nach Frankfurt am Main und Heidelberg.

Seit 1844 war er Mitarbeiter der Fliegenden Blätter, welche er mit zahlreichen humoristischen Zeichnungen versah.

Kurz nach dem Tod seines jüngeren Bruders starb Carl Spitzweg am 23. September 1885 im Alter von 77 Jahren an einem Schlaganfall, man fand ihn zurückgelehnt in seinem Stuhl in seiner Münchner Wohnung. In München wurde er auch begraben, sein Grab kann auf dem Alten Münchner Südfriedhof im Glockenbachviertel besichtigt werden.

Werk

Bilder

Carl Spitzweg schuf über 1.500 Bilder und Zeichnungen. Bereits ab 1824 begann er mit Ölfarben zu malen. Zu Lebzeiten konnte Spitzweg etwa vierhundert Gemälde verkaufen. Bewunderer und Käufer fand er vor allem in der zu neuer Kaufkraft gelangten Bürgerschaft, wenngleich die Popularität, die Spitzwegs Malerei heute genießt, erst nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte.

Sein Malstil gehört der Spätromantik an. Anfangs war Spitzweg noch der biedermeierlichen Richtung verbunden, später hat sich seine Malweise aufgelockert, dem Impressionismus sehr nahe. Bereits während seiner Jugend zeichnete Spitzweg viel; auch während seiner Arbeit in der Apotheke zeichnete er die Köpfe der wirklichen und eingebildeten Kranken, Jungen und Alten, sowie die Originale der Kleinstadt Straubing. An diesem idyllischen Städtchen gefiel Spitzweg besonders das malerische Kleinstadtbild mit den engen Gassen und zierlichen Erkern, die Türmchen, Brunnen und Steinfiguren. Immer wieder kommen diese Motive in seinen Bildern vor.

Spitzweg stellte Menschen in ihrem zeitbedingten bürgerlichen Milieu dar. Er schildert auf kleinformatigen Bildern das biedermeierliche Kleinbürgertum, die kauzigen Sonderlinge und romantische Begebenheiten. Zwar stellte er menschliche Schwächen dar, jedoch nicht das Verruchte oder das Gemeine; alles Derbe war Spitzweg fremd. Der arme Poet – das bekannteste und beliebteste Bild Spitzwegs überhaupt – stammt aus dem Jahre 1839. In dem Bild Der Kaktusliebhaber zeigt Spitzweg den Büromenschen vor seiner Lieblingspflanze, dem Kaktus. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch Gemälde wie Beim Antiquar, Schildwache am Tor, Der Sterndeuter, Der Alchimist, Der Bücherwurm, Ein Besuch, Abschied oder Der Bettelmusikant.

Durch das Zusammensein mit dem Landschaftsmaler Eduard Schleich, mit dem er viele Reisen unternahm, rückte ihm die Landschaft stärker ins Bewusstsein. Mit Natur- und Farbsinn malte er grandiose Bergmassive und deren freie Weite, romantische Waldwinkel, die grüne Hochebene mit Wald, Wiese und Erntefeld – zumeist bei schönem Wetter; er stellte lieber das Licht dar. Als Beispiele lassen sich Am Ammensee, Heuernte im Gebirge und Fahrendes Volk nennen.

Spitzweg hatte einen ausgeprägten Farbensinn. Durch die Apothekerausbildung gewann er chemische und technische Erfahrung bei der Herstellung seiner Farben. Er verwendete ein einmaliges, hell leuchtendes Blau, das man bei keinem anderen Maler wiederfindet. Er verstand auch die Kunst, die Farben dauerhaft zu machen. Von seinen weiten Reisen brachte Spitzweg eine reiche Sammlung von Skizzen mit nach Hause. In seinem Atelier fügte er diese Skizzen in seine Gemälde ein.

Pointenbilder

Spitzweg entwickelte als seine Spezialität das witzige Pointenbild, das sich später oft zur Idylle wandelte. Die drei beliebtesten Spitzweg-Bilder sind

Der arme Poet

Der Bücherwurm

Der abgefangene Liebesbrief

Wo ist der Pass?

Spitzweg machte sich über viele Gepflogenheiten seiner Zeit lustig. In den Bildern gegen die Obrigkeit zeigt er Anfangs noch einen gutmütigen Spott, so in dem Bild, in dem ein Polizist fahrende Musikanten nach ihrem Pass fragt. Da der Polizist fränkischen Dialekt spricht, versteht einer der Musikanten „Bass“ und deutet auf das Musikinstrument.

Wo ist der Pass?

Ausschnitt

Jagdunglück

Ein Sonntagsjäger aus der Stadt ist über Baumwurzeln gestolpert und den Hang hinuntergerutscht. Er hängt hilflos am Riemen seiner Jagdtasche mit verrutschter Perücke und hält verkrampft seine Büchse fest.

Spitzweg hat dieses Malheur schadenfroh ausgemalt, indem er die vor Schrecken geweiteten Augen, die nach Halt suchende rechte Hand und die über dem Bauch gespannte Hose zeigt.

Jagdunglück

Ausschnitt

Disputierende Mönche / Streitende Einsiedler

Spitzweg zeigt mit diesem Bild, dass es unter Mönchen sehr menschlich zugeht und zeigt zwei streitende Einsiedler in einer höhlenartigen Schlucht. Es geht um Schriftauslegung. Der eine Mönch pocht auf eine Textstelle, während ihm der andere den Vogel zeigt. Außerdem liegt noch ein Knüppel bereit.

Disputierende Mönche

Ausschnitt

Streitende Einsiedler

Ausschnitt

Der Porträtmaler

Links folgt ein Mann mit weißer Schürze devot dem Blick seines Meisters. Dieser ist zurückgetreten, um das von ihm gemalte Porträt zu prüfen. Er steht stolz vor seinem Bild, dessen Staffelei den Bildraum in zwei Hälften teilt. Rechts thront das Modell schlafend auf einem Podest. Auffällig ist, dass das Modell eine spanische Tracht des 17. Jahrhunderts trägt. Das wirft die Frage auf, ob Porträts der flämischen Maler Franz Hals, Anton van Dyck oder Rembrandt als Vorbild dienten. Unbeeindruckt sitzt ein Vogel auf dem Fensterbrett und schaut unbewegt zu.

Der Porträtmaler

Maler und Faktotum

Modell

Vogel am Fenster

Idyllen und Landschaftsbilder

Vom Jahr 1860 bis zu seinem Tod beschäftigte sich Spitzweg viel mit „kleinen Landschaften“, die er oft auf den Brettchen seiner Zigarrenkisten malte. Mit zunehmendem Alter malte Spitzweg immer weniger karikaturhaft überzeichnete Figuren, sondern immer öfter Idyllen.

Liebhabereien

Gerne hat Spitzweg Menschen mit ihren Liebhabereien gemalt. Ein alter Herr im Schlafrock betrachte seinen Kaktus, der eine Blüte hervorgebracht hat. Lange musste er darauf warten und ist jetzt glücklich darüber. Spitzweg entwirft hier einen lieblichen Ort, an dem Natur und Mensch in harmonischer Eintracht zusammen leben.

Beim Kaktusliebhaber zeigt der dicke Kaktus eine rote Blüte. Ein Schreiber beugt sich nach vorn, dem Kaktus entgegen und wird durch den hochgeschlossenen Rock dem Kaktus ähnlich.

Der Kaktusfreund

Der Kaktusliebhaber

Der Schmetterlingsjäger

Der Geologe

Idyllen

Seit den 1860er Jahren beschäftigte sich Spitzweg intensiv mit Nachtbildern und schuf Bilder wie die Ständchen im Mondlicht oder die Scharwachen, die durch Gassen ziehen.

Der Blasturm in Schwandorf erzählt keine Geschichte, sondern ist eine Naturstudie. Vor dem Sternenhimmel ragt der alte Turm auf, aus dessen oberen Fenster Licht scheint.

Das Ständchen

Der eingeschlafene Nachtwächter

Blasturm in Schwandorf

Im Hausgarten

Exotisches

Auf einer Reise zur Weltausstellung in London bekam Spitzweg einen kleinen Einblick in die Lebensweise fremder Völker, die er gleich in Bilder umsetzte.

Aber auch das Leben der Juden setzte er ohne Vorurteile um. Das Bild wurde durch Spitzwegs Besuch der „Alt-Neu-Synagoge“ in Prag angeregt. Anders als bei den Disputierenden Mönchen, die am hellen Tag streiten, liegt die Synagoge in einem mystischem Dunkel, in dem sich fromme Juden zum Studium der heiligen Schriften versammelt haben.

Im türkischen Basar

Im Harem

In der Synagoge

Gedichte

Weniger bekannt ist, dass Spitzweg auch als Dichter tätig war. Es sind auch etliche seiner Briefe veröffentlicht. Er selbst hat diese zweite Passion in mehreren Gedichten beschrieben, wie in dem folgenden mit dem Titel „Ich als Dichter“, von dem hier die ersten beiden Strophen zitiert seien:

Wenn ich den Tag schon opfre doch
Rein nur Vergnügens Sachen,
So will ich wenigst’ abends noch
Ein klein Plaisir mir machen.

Ich bitt’, du mußt nur hier von all’n
Auf jeden Schmerz verzichten;
Am Täge nämlich tu ich mal’n,
Und abends tu ich dichten.

Als Spitzweg im Jahre 1865 den bayerischen Michaelsorden erhielt, verfasste er gleich darüber ein Spottgedicht:

Die Orden

Wenn einer einen Orden kriegt,
Bei uns ist’s so der Brauch,
Sagt jeder grad zu ihm ins G’sicht:
"Verdient hätt‘ ich ihn auch!"
Wahrhaft erfreulich ist dies schon,
Es gibt ein treues Bild!
Wie hoch muß stehen die Nation,
Wo jeder sich so fühlt!

Liste der Bilder (Auswahl)

Bild  ↓

Titel  ↓

Jahr  ↓

Größe / Material  ↓

Ausstellung / Sammlung / Besitzer / Anmerkungen  ↓

Selbstporträt

1832

9,5 × 9,5 cm, Zeichnung auf Papier

Privatsammlung

Der arme Poet

1837

38 × 45 cm, Öl auf Leinwand

Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, Leihgabe aus Privatbesitz; Fassung 2 von 1839

Der Schmetterlingsjäger

1840

31 × 25 cm, Öl auf Holz

Museum Wiesbaden

Der Sonntagsjäger

um 1845

40 x 33 cm, Öl auf Leinwand

Staatsgalerie Stuttgart

Ein Hypochonder

um 1865

54 x 31 cm, Öl auf Leinwand

Neue Pinakothek, München

Der Bücherwurm‘‘

um 1850

49,5 × 26,8 cm, Öl auf Leinwand

Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Der Abschied ‘‘

1855

cm, Öl auf Leinwand

Museum

Badende Nymphe cm;) ‘‘

um 1855

54 cm x 40 cm, Öl auf Leinwand

Privatsammlung in Dortmund

Ein Besuch‘‘

um 1855

21,9 × 26,8 cm, Öl auf Karton

Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Der Kaktusfreund‘‘

um 1856

54,3 × 32,2 cm, Öl auf Leinwand

Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Der Briefbote im Rosenthal‘‘

um 1858

73,5 × 46,5 cm, Öl auf Leinwand

Universitätsmuseum, Marburg

Aschermittwoch‘‘

um 1855/1860

21 x 14 cm, Öl auf Leinwand

Staatsgalerie Stuttgart

Der ewige Hochzeiter‘‘

um 1860

48 x 27,5 cm, Öl auf Leinwand

Villa Hügel, Essen

Der abgefangene Liebesbrief‘‘

um 1860

54,2 × 32,3 cm, Öl auf Leinwand

Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Institutsspaziergang‘‘

um 1860

31,9 × 53,8 cm, Öl auf Leinwand

Neue Pinakothek, München

Mäherinnen im Gebirge‘‘

um 1865

48 × 26,5 cm, Öl auf Leinwand

Privatsammlung in Bayern

Alter Mönch vor der Klause ‘‘

um 1870

19,3 x 30,7 cm, Öl auf Leinwand

Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Der eingeschlafene Nachtwächter‘‘

um 1875

29 × 19 cm, Öl auf Holz

Kurpfälzisches Museum, Heidelberg

Die Post‘‘

um 1880

33 × 22 cm, Öl auf Karton

Villa Hügel, Essen

Kunst und Wissenschaft‘‘

um 1880

56,5 × 35 cm, Öl auf Leinwand

Privatsammlung

Päpstliche Zollwache‘‘

um 1880

37,5 × 30 cm, Öl auf Holz

Städtische Galerie im Lenbachhaus, München

Ankunft in Seeshaupt‘‘

um 1880

68,9 x 49,8 cm, Öl auf Leinwand

Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

  • Der Antiquar, auch Der Bücherantiquar (um 1880)
  • Auf der Alm (1880)
  • Im Dachstübchen (1882; Öl auf Pappe; 23 x 30 cm)
  • Der Husar
  • Der Kommandant
  • Meditation
  • Nur Gedanken sind zollfrei
  • Die Serenade
  • Zauberer und Drache
  • ¨Die Karawane¨ (um 1860; Öl; 21,5 x 39,5 cm;Stadtmuseum Radolfzell)
  • Der Mineraloge Pforzheim Galerie

 

 
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